ROSTOCK / 27.-29.07.2018 - Nick Jäger ist am Ziel seiner Träume. Kopfschüttelnd steht er im Ziel des Rostocker Leichtathletikstadions und kann es selbst kaum glauben, was er da gerade geleistet hat. Mit einer schier unglaublichen Energieleistung auf den letzten 150 Metern hat er sich soeben den deutschen Meistertitel über 2.000m Hindernis in der Altersklasse U20 gesichert. Mit 5:48,65 Minuten stellte er dabei nicht nur eine neue Bestleistung auf, sondern lief auch deutsche Jahresbestzeit und konnte so Julius Hild (SSC Hanau-Rodenbach) um 0,10 Sekunden hinter sich lassen. Bronze ging an den U20-WM-Teilnehmer Velten Schneider (Vfl Sindelfingen) mit 5:49,45 Minuten, der 150 Meter vor dem Ziel am letzten Wassergraben noch in Führung gelegen war. Genau diesen Wassergraben nutzte Jäger, um sich von Platz drei auf die Spitzenposition zu schieben. Schneider und Hild lagen knapp einen Meter vor dem Penzberger, als dieser an der Innenkante das Hindernis vor dem Wassergraben aggressiv überquerte und bei der Landung im Wassergraben gefährlich in Vorlage geriet. Der 18-Jährige geriet ins Straucheln, hatte aber so viel Schwung, dass er diese Energie sofort in den nächsten Laufschritt mitnehmen konnte und urplötzlich neben Schneider auftauchte, der ein Stück nach außen gelaufen war und so die Innenbahn frei gemacht hatte. 120 Meter vor dem Ziel lief Jäger nun Schulter an Schulter mit seinem Sindelfinger Konkurrenten und mobilisierte alle Kräfte. 40 Meter später überquerten beide fast zeitgleich das letzte Hindernis, wobei sich der Penzberger nach der Landung etwas lösen konnte. Zentimeter um Zentimeter vergrößerte er seinen Vorsprung. Doch von hinten flog nun Julius Hild gefährlich schnell heran, wobei Jäger dies zuerst nicht bemerkte. Erst als 20 Meter vor dem Ziel der Läufer des SSC Hanau-Rodenbach neben ihm auftauchte, warf Jäger einen kurzen Blick über seine rechte Schulter und beschleunigte noch einmal. Mit nach oben gerecktem rechtem Arm überquerte er die Ziellinie und jubelte über seinen zweiten deutschen Meistertitel in seiner Karriere, nachdem er bereits im Frühjahr deutscher Crosslaufmeister geworden war. Damals hatte er sich auch gegen Julius Hild durchgesetzt. Nach dem Zieleinlauf war es nun Julius Hild, der als Erster Nick Jäger zu seinem bislang größten Erfolg in seiner Karriere gratulierte.

Über 5.000m nur Platz 5

Obwohl der Penzberger als Jahresschnellster angetreten war, war dieser Erfolg im Schlussspurt alles andere als erwartet. Denn am Vortag hatte der Penzberger über 5.000m in einem taktischen Rennen „nur“ den 5. Platz belegt, obwohl er 200 Meter vor Schluss noch in Führung gelegen war. Bereits 400 Meter vor dem Ziel hatte Jäger die Führung im 5.000m-Finale übernommen und versuchte sich vom Feld zu lösen. Doch es gelang ihm nicht, sodass vier Läufer in der letzten Kurve an ihm vorbeizogen. Mit 15:42,54 Minuten hatte er im Ziel mehr als drei Sekunden Rückstand auf Malte Propp (TC Fiko Rostock). Auch über 2.000m Hindernis sah es phasenweise so aus, als ob Jäger abreißen lassen müsse, als Hild nach 1.200 Metern mit aller Gewalt das Tempo forcierte. Sein Rückstand nach vorne war zwar nie größer als ein oder zwei Meter, doch als Beobachter merkte man, dass der Penzberger zwischenzeitlich an seinem Limit war. Dabei hatten er und seine Mutter und Trainerin Melanie Jäger bereits vor dem Rennen mit der starken Leistung von Hild gerechnet: „Die Läufer des SSC Hanau-Rodenbach waren vor den deutschen Jugendmeisterschaften extra eine Woche im Trainingslager. Deshalb wussten wir, dass Julius in ausgezeichneter Form sein würde“, so Melanie Jäger, die in Rostock gleich zwei ihrer Söhne betreuen durfte.

Luk belegt Platz sieben - Marvin verzichtet

Ihr jüngster Sohn Luk entschied sich in Rostock nicht für einen Doppelstart und konzentrierte sich in der Altersklasse U18 auf das 2.000m Hindernis-Finale. Obwohl er über 3.000m sehr gute Chancen auf einen Top 5 – Platz gehabt hätte, fokussierte sich der 15-jährige Penzberger auf das Hindernisrennen. Doch bereits nach der ersten von fünf Runden fand er sich auf dem siebten und letzten Platz wieder, den er bis ins Ziel auch beibehielt. Mit 6:36,74 Minuten blieb er dabei mehr als zehn Sekunden über seiner Bestzeit, wobei er in der letzten Runde nicht mehr an sein Limit ging. Der zweite Penzberger in der Meldeliste, Marvin Bertram, war zwar in Rostock anwesend war, entschied sich aber gegen einen Start über die 2.000m Hindernis, da er aufgrund einer Erkältung in den vergangenen zwei Wochen kaum trainieren konnte.

Michaela bleibt deutlich über Bestzeit

Ebenfalls in Rostock mit dabei war Michaela Kölbl, die über 400m Hürden in der Altersklasse U18 antrat. Mit 67,91 Sekunden blieb sie allerdings fast zwei Sekunden über ihrer Bestzeit und schied so bereits im Vorlauf aus.

Videos aus Rostock

 Luk und Nick über 2.000m Hindernis (nach 3:24 bzw. 3:34 Stunden)